Die Opferperspektive verzeichnet für 2023 einen massiven Anstieg rechter Gewalttaten in Brandenburg: Insgesamt gab es 242 rechtsmotivierte Angriffe. Dies bedeutet einen Anstieg um 75 Prozent bei rechten Gewalttaten in Brandenburg gegenüber dem Vorjahr (138). Die Zunahme erstreckt sich über fast alle Phänomenbereiche und Tatbestände und markiert das höchste Niveau rechter Gewalt seit 2016. Eine umfassende Analyse für das Jahr 2023 finden Sie H I E R.
Zahl rechter Gewalttaten nach Landkreisen und kreisfreien Städten
Tatbestände
Wie auch in den Vorjahren stellen Körperverletzungsdelikte die am häufigsten erfassten Straftatbestände bei rechten Gewalttaten in Brandenburg dar. Die Opferperspektive registrierte 74 einfache und 60 gefährliche Körperverletzungen (2022: 66; 39). Auch bei den einfachen Körperverletzungen ist dies die höchste registrierte Anzahl seit 2018. Darauf folgen Bedrohungen und Nötigungen mit 98 registrierten Fällen. Der Anstieg lässt sich für Letztere teilweise durch die angepassten Erfassungskriterien erklären (ausführlichere Erläuterungen hier). Allerdings zeigt sich auch bei diesen Delikten eine Steigerung: 34 Nötigungs- und Bedrohungsdelikte wären nach der alten Zählweise in die Statistik aufgenommen worden (2022: 24). Hinzu kommen 4 rechtsmotivierte Raubstraftaten (2022: 0) sowie jeweils 2 Fälle von Brandstiftung (2022: 1) und massiver Sachbeschädigung (2022: 6). In einem Fall geht die Opferperspektive von einer Körperverletzung im Amt aus (2022: 0), in einem anderen von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.
Tatmotivationen
Rassismus war das 14. Jahr in Folge das häufigste Tatmotiv mit 146 registrierten Fällen (2022: 91). Prozentual bedeutet dies eine Steigerung um 59 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In absoluten Zahlen bedeutet dies einen Anstieg von 55 Übergriffen gegenüber dem Vorjahr. Darunter fallen auch 3 Attacken, die antiziganistisch motiviert waren. Gewalt gegen politische Gegner:innen stieg auf 38 Fälle an (2022: 15), darunter 6 rechtsmotivierte Angriffe auf politische Verantwortungsträger:innen und 2 Übergriffe gegen Journalist:innen. Die Opferperspektive erfasste zudem 10 LGBTIQ-feindlich motivierte Angriffe (2022: 4) sowie 6 sozialdarwinistische Gewalttaten (2022: 1). Antisemitismus war in 3 Fällen das Motiv rechter Täter (2022: 8).
Zahl rechter Straftaten nach Tatmotiven
Zusätzlich zu diesen Motiven gibt es in diesem Jahr erstmalig eine relativ hohe Anzahl von Übergriffen, bei denen das genaue Tatmotiv unbekannt ist (34). Bei diesen Fällen handelt es sich fast ausschließlich um Bedrohungs- und Nötigungsdelikte, die von der Polizei als PMK-rechts eingestuft wurden, bei denen die Opferperspektive aber über kein weiteres Datenmaterial verfügt.
Betroffene
Die Opferperspektive erlangte 2023 Kenntnis von 390 Personen, die unmittelbar Ziel rechter Gewalttäter:innen waren. Dies ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren (2022: 245, 2021: 215) und markiert die höchste registrierte Zahl seit 2016. In 196 Fällen waren erwachsene Personen betroffen (2022: 156). 88 Betroffene waren zum Tatzeitpunkt Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren (2022: 47). Dies ist die höchste Zahl erfasster jugendlicher Betroffener seit 2019. Die Zahl der betroffenen Kinder hat sich mit 45 Fällen im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht (2022: 16). 15 Gewalttaten ereigneten sich in Bildungseinrichtungen, 11 davon waren Körperverletzungsdelikte.
Insgesamt wurden 170 männliche (2022: 143) und 82 weibliche (2022: 48) direkt von rechter Gewalt Betroffene erfasst.1 Dementsprechend haben rechtsmotivierte Angriffe auf Frauen stark zugenommen. In 37 dieser Fälle war Rassismus das Tatmotiv. Darunter fallen sowohl Angriffe auf ganze Familien als auch Übergriffe auf einzelne Frauen im öffentlichen Raum. Auffällig ist auch die hohe Anzahl an Gewalttaten gegen politische Gegner:innen (16), bei denen ein Zusammenhang zwischen rechter, dezidiert antifeministischer Propaganda und diesen Übergriffen plausibel erscheint. Hinzu kommen mehrere geschlechtsspezifische Angriffe gegen nicht-binäre Personen und Menschen mit dem Geschlechtseintrag „divers“.