Über zwei Jahre haben sie auf den Prozess warten müssen: fünf junge Leute, die nach einem Punkkonzert im Spremberger Jugendclub Erebos von rechten Schlägern brutal überfallen wurden. Ihr Auto wurde zertrümmert, sie selbst durch Scherben und Schläge verletzt. Vor Gericht berichtet Gina L. von den Alpträumen, die sie bis heute hat. Mit der Sache
abschließen kann sie aber immer noch nicht, denn nachdem alle Zeugen vernommen waren, wird klar: Für die Bewertung des einzigen Beweismittels gegen den Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft kein Gutachten angefordert. Nur das hätte eindeutig feststellen können, ob die Trittspuren am Auto übereinstimmen mit den Schuhen des Angeklagten. Bis es vorliegt könne viel Zeit vergehen, kündigt die Richterin an. Die gesamte Verhandlung muss dann wiederholt werden. Außerdem hatten die ZeugInnen zum Schutz vor Einschüchterung und Racheakten die Schwärzung ihrer Adressen in den Gerichtsakten beantragt, weil auch der Angeklagte sie einsehen kann. „Die Anträge liegen in der Akte, aber die Schwärzung hat nicht stattgefunden“, beklagt die Anwältin, die Gina L. als Nebenklägerin vertritt. Dass von mehreren Verdächtigen nur einer vor Gericht stand, liegt an Alibis, die Verwandte und enge FreundInnen den
anderen Verdächtigen gaben. Sie alle gehören zum harten Kern der Spremberger rechten Szene. Nach dem Überfall wurde der Staatsschutz auf eine Garage nahe dem Jugendclub Erebos aufmerksam gemacht. Sie entpuppte sich als Treffpunkt einer „Nationalen Bewegung Spremberg“ mit Reichskriegsflagge, Rudolf-Hess-Plakaten und den gesuchten Schuhen an den Füßen des Angeklagten.
Lange Verfahrensdauern und fehlender Opferschutz stärken die rechte Szene
Im April 2012, kurz vor dem Überfall vor dem Jugendclub Erebos, wurden zwei junge Spremberger von Maskierten in ihrer Wohnung überfallen und beraubt. Eine Spur dieser unpolitisch wirkenden Tat führt zu Martin G., der in Spremberg wegen seiner von rechten Motiven getragenen Gewalt berüchtigt ist. Bis heute gibt es keinen Gerichtstermin. Dies und die Tatsache, dass Martin G. bereits in einem anderen Verfahren zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde aber immer noch auf freiem Fuß ist, macht die Opfer fassungslos. Gegen jede Verurteilung strengt G. ein Berufungsverfahren an, das sich durch die Arbeitsweise der Gerichte wieder lange hinschleppt. In der Zwischenzeit geht weiter Gewalt von G. und seinem Umfeld aus. Völlig unverständlich war der Umgang mit G. in einem weiteren Verfahren im Juli dieses Jahres. Eine Zeugin hatte bereits während der Ermittlungen ausgesagt, G. habe ihr per SMS mit Gewalt gedroht, falls sie gegen ihn aussage. Daraufhin hätte G. wegen Verdunklungsgefahr in Haft genommen werden können, aber nichts geschah. Als die Zeugin in der Verhandlung wieder von dem Einschüchterungsversuch berichtet, reagiert das Gericht nicht einmal mit einer Rüge. Die rechte Szene, die G. um sich schart,
bestärkt all dies in ihrem Gefühl der Überlegenheit und Macht. Das bekam auch die Redaktion der Lokalzeitung Lausitzer Rundschau zum wiederholten
Mal zu spüren. Nach ihrer Berichterstattung über den „Erebos-Prozeß“ wurden die Redaktionsräume mit Parolen wie „Kill them“, „Wir kriegen euch alle“ und Judensternen besprüht.