Das entspricht einem Anstieg um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem 119 Taten bekannt wurden. Noch nie wurden so viele Menschen Opfer rechter Gewalt: insgesamt 174 Geschädigte gegenüber 154 im Vorjahr. Zu diesen müssen noch 60 weitere von Angriffen indirekt Betroffene gezählt werden, die bei Angriffen unverletzt blieben.
In seiner Jahresstatistik zählte der Verein für das Jahr 2004 insgesamt 107 Körperverletzungen, 6 Nötigungen und Bedrohungen, 10 Sachbeschädigungen, die sich gegen bestimmte Opfergruppen richteten, und 11 Brandstiftungen. 76 Gewalttaten waren rassistisch motiviert, 55 gegen nicht-rechte Jugendliche und Bürger gerichtet, ein Brandanschlag wurde auf einen Obdachlosen verübt, zwei Behinderte wurden angegriffen. Den signifikantesten Anstieg gab es bei rassistisch motivierten Körperverletzungen, die von 40 auf 55 zunahmen, was einer Steigerung um 37,5 Prozent entspricht.
In einigen Regionen gab es eine markante Zunahme der Gewalt. An der traurigen Spitze liegt wie im Vorjahr der Landkreis Havelland, wo Rechtsradikale 24 Mal zuschlugen. Davon sind vor allem nicht-rechte Jugendliche betroffen, die Steigerung geht aber auch auf das Konto der Gruppe »Freikorps«, die mehrere Brandstiftungen gegen ausländische Imbisse verübte. Im Landkreis Märkisch-Oderland waren 14 Angriffe zu verzeichnen, die zum Großteil auf eine Serie von tätlichen Angriffen auf alternative Jugendliche in Strausberg zurückgehen. 14 Angriffe konnten auch in Potsdam beobachtet werden, wo sich die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge und Migranten auf 9 erhöht hat, gegenüber 6 im Vorjahr. Die stärkste Steigerung der Gewalt gab es im Landkreis Oder-Spree, wo Rechtsradikale 12 Mal zuschlugen, davon allein 9 Mal in Fürstenwalde. Auch in Teltow-Fläming nahm die Gewalt zu, dort kam es zu 11 Angriffen.
Mehrere Gewalttaten zeugen von einer außerordentlichen Brutalität und waren lebensbedrohlich; so der Brandanschlag auf einen türkischen Imbiss in Brück, in dem ein Mitarbeiter schlief; die zweistündige Folter an einem 33-Jährigen in Frankfurt (Oder) und der Angriff mit einer abgebrochenen Bierflasche gegen den Hals eines Afrikaners in Brandenburg an der Havel. Auch in Burg wurde ein 27-Jähriger von einem Soldaten derart ins Gesicht getreten, dass sein Gesicht mit Titanplatten wieder aufgebaut werden musste.
Unter Vorbehalt lassen sich bestimmte Tendenzen erkennen: Die rechte Szene Brandenburgs wird an einigen Orten offensiver, ihr Rassismus und ihre Feindbilder von Menschen, die nicht rechts sind, werden offener ausgelebt. Parallel dazu wird der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft gewalttätiger: Die Grenze vom Anpöbeln zur Gewalt wird selbst bei scheinbar normalen Bürgern leichter durchbrochen.
»Im Sommer 2000«, so Kay Wendel vom Verein Opferperspektive, »erschrak die deutsche Gesellschaft über das Ausmaß des Rechtsextremismus und verfiel in einen kurzatmigen Aktionismus. Heute, vier Jahre später, hat die Gewalt zugenommen, doch das Thema ist weitgehend zum ›Abschalter‹ geworden, mit wenigen Ausnahmen. Dieses Desinteresse stärkt ein gesellschaftliches Klima, in dem menschenverachtende und rassistische Einstellungen immer offener zu Tage treten.«
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