Zwei Opfer täglich in Ostdeutschland

Die meisten Gewalttaten ereigneten sich in Sachsen (141), Brandenburg (116) und Thüringen (91). »Jeden Tag werden allein in Ostdeutschland zwei Menschen Opfer rechtsextremer Gewalt«, so Dominique John. Der Koordinator der Beratungsstellen betont, dass es sich nur um Fälle handelt, die von den MitarbeiterInnen recherchiert wurden. Trotzdem liegt die von den ostdeutschen Beratungsstellen veröffentlichte Zahl höher als die 546 rechtsextremen Gewalttaten, die das Bundesinnenministerium 2003 in der gesamten Bundesrepublik bislang gezählt hat.

Viele rechtsextreme Angriffe werden polizeilich nicht erfasst, weil die Opfer aus Angst vor negativen Folgen von einer Anzeige absehen. So berichten beispielsweise ImbissbesitzerInnen, deren Stände niedergebrannt wurden, von vorhergehenden Nötigungen und Körperverletzungen, die sie nicht angezeigt hatten, um Probleme mit rechtsorientierten KundInnen zu vermeiden. Dazu kommt, dass die Polizei rechtsextreme Gewalttaten oft nicht richtig einstuft. Seit 2001 ist zwar ein verbessertes Meldesystem in Kraft, offenbar bestehen aber Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Selbst wenn die Tatmotivation durch Äußerungen der Täter offenkundig ist, wird der rechtsextreme Hintergrund nicht gesehen; beispielsweise wenn das Opfer, wie es häufig geschieht, auch beraubt wird. Es ist da in keiner Weise hilfreich, wenn der Dienstherr der Brandenburger Polizei, Innenminister Jörg Schönbohm, regelmäßig die Notwendigkeit der Erfassung rechtsextremer Straftaten in Abrede stellt.

Dagegen kann als Erfolg gewertet werden, dass es den Opferberatungsstellen mit Unterstützung des Bundesprogramms Civitas gelungen ist, in Berlin und Ostdeutschland ein flächendeckendes Netzwerk aufzubauen, um der großen Zahl der Betroffenen professionelle Hilfe anzubieten. 782 Opfer sowie 443 Personen, die als Angehörige von Opfern oder als ZeugInnen betroffen waren, wurden von den Beratungsstellen im letzten Jahr betreut. Etwa die Hälfte der Opfer (407) waren Asylsuchende, MigrantInnen und AussiedlerInnen, die zweite große Gruppe (269) waren Jugendliche deutscher Staatsbürgerschaft, die sich zumeist einem alternativen Milieu zugehörig fühlen.

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