»Es hat sich gezeigt, dass symbolische Gesten politischer Repräsentanten und der Appell nach mehr Zivilcourage, so berechtigt dieser sein mag, nicht ausreichen, um die Gefährdung von Rechts einzudämmen. Umso wichtiger ist es, dass sich gerade junge Menschen gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren und versuchen, in ihrem Alltag ein Zeichen zu setzen. Ich hoffe, dass diese Ausstellung und das umfangreiche pädagogische Begleitprogramm einen Beitrag hierzu leisten können.«
Romani Rose, Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, bei der Eröffnung der Ausstellung »Opfer rechter Gewalt« in Heidelberg am 17. April 2004
Die Ausstellung basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen, vor allem Zeitungsartikeln. Sie dokumentiert das Bild, das sich die Gesellschaft von den Opfern rechter Gewalt gemacht hat: Manche Fälle führten zu öffentlicher Empörung oder waren Anlässe politischer Kontroversen; von vielen der Toten jedoch wurde nie ein Foto veröffentlicht, von manchen noch nicht einmal ihre Namen. »Den Opfern einen Namen geben« wollten die beiden Tageszeitungen »Frankfurter Rundschau«, und _Der Tagesspiegel_, als sie am 14. September 2000 eine Chronik von 93 Opfern rechter Gewalt seit 1990 veröffentlichten. Auf diese Chronik greift die Ausstellung maßgeblich – nicht ausschließlich – zurück.
Die Veröffentlichung entfachte einen politischen Streit, weil das Bundesinnenministerium im gleichen Zeitraum nur 24 Todesfälle durch rechte Gewalt registriert hatte. Das ganze Ausmaß systematischer Verdrängung wurde etwa dadurch deutlich, dass das Ministerium nicht einmal den Tod von Farid Guendoul, der von Rechten im Februar 1999 in den Tod getrieben wurde, zur Kenntnis genommen hatte. Die »Hetzjagd von Guben« hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht, aber weil die Täter nur der »fahrlässigen Körperverletzung« angeklagt wurden, gab es offiziell kein Opfer.
Es gibt viele Tote, die niemals Schlagzeilen machten und von deren Schicksal keine Statistik zeugt. Die Ausstellung erinnert an diese Menschen und thematisiert zugleich die anhaltende Verdrängung rechter Gewalt. Im Mai 2001 änderten die Innenminister von Bund und Ländern das System zur Erfassung rechter Straftaten. Die neuen Erfassungskriterien ermöglichen es, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Aber noch immer werden viele der Toten nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
Im September 2005 erklärte das Bundeskriminalamt gegenüber dem _Tagesspiegel_, dass seit der Reform der Erfassungskriterien fünf Tötungsdelikte als rechtsmotiviert bewertet wurden. Der Schüler Marinus Schöberl, der im Juli 2002 im brandenburgischen Potzlow erschlagen wurde und der Obdachlose Dieter Manzke, der im August 2001 in Dahlewitz bei Berlin von fünf jungen Männern zu Tode gequält wurde, gehören dazu.
Aktuelle Termine sowie Informationen über die Möglichkeiten, die Ausstellung zu entleihen und ein Rahmenprogramm zu gestalten, finden Sie auf der Internetseite www.opfer-rechter-gewalt.de
Weiterführende Dokumente
Chronologie der Todesopfer rechter Gewalt
»Die Hinterbliebenen kämpfen um Anerkennung für die Opfer« – Rede von Judith Porath (Opferperspektive e.V.)
Das Bild, das sich Deutschland von den Opfern gemacht hat – Interview mit Rebecca Forner
(OPP)
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Opfer rechter Gewalt [Ausstellung]
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