Das Imbissgeschäft in gefährlicher Umgebung
Wie viele Imbisse in Brandenburg von ausländischen Betreibern geführt werden, darüber liegen keine genauen Zahlen vor. Keine Behörde erhebt sie. Lediglich die Daten der Brandenburger Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter erlauben zumindest eine Annäherung an die realen Zahlen. So enthält beispielsweise das entsprechende Verzeichnis des Landkreises Prignitz bei insgesamt 70 Imbissen 26 Einträge, die Betreiber mit Migrationshintergrund vermuten lassen. Im Landkreis Ostprignitz-Ruppin stehen 33 Imbisse von Betreibern mit angenommenem Migrationshintergrund 100 »deutschen« Betrieben gegenüber. Und im Landkreis Potsdam-Mittelmark werden vom dort zuständigen Amt für Landwirtschaft und Verbraucherschutz 34 Imbisse ausländischer Betreiber aufgeführt. Zumindest für diese drei Landkreise lässt sich also sagen, dass etwa ein Drittel aller gemeldeten Imbissbetriebe von Betreibern mit Migrationshintergrund geführt werden.
Zum überwiegenden Teil handelt es sich bei den ausländischen Imbissen in Brandenburg um Döner-Imbisse oder um Imbisse mit einem asiatischen Angebot. Viele Betreiber von Asia-Imbissen stammen ursprünglich aus Vietnam und waren als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen. Bei den türkischen oder kurdischen Betreibern stößt man auf sehr unterschiedliche Biografien. Ein großer Teil von ihnen war früher in Westberliner Fabriken und Montagezentren beschäftigt und ist in den neunziger Jahren arbeitslos geworden. In dieser Situation bot die Eröffnung eines Imbisses im brandenburgischen Umland von Berlin die Möglichkeit einer Existenzgründung.
Das Imbissgeschäft in gefährlicher Umgebung
Ein Imbissbetrieb kann höchst unterschiedlich aussehen. Die Imbissbude als einfachste Form ähnelt meist einem Campingwagen und ist im Prinzip ein mobiler Verkaufsstand. Daneben gibt es aber auch Imbiss-Container und Imbiss-Bistros. Container sind feststehende, ausgebaute Verkaufsstände, meist aus Metall. Ein Imbiss-Bistro wiederum zeichnet sich dadurch aus, dass es in einem Gebäude untergebracht ist. Hier ist der Übergang zu einem Restaurant fließend. Häufig sind die Imbissbetreibenden dynamische Unternehmer; viele von ihnen bauen beständig an ihrem Betrieb mit dem Ziel, irgendwann ein eigenes Restaurant eröffnen zu können.
Die Standorte von Imbissbuden und Containern sind abhängig von der kommunalen Genehmigungs- und Zuweisungspraxis und von Sondernutzungsrechten im öffentlichen Raum. Wo ein Imbisswagen oder Container aufgestellt werden kann, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Oft befinden sich Imbissbuden und -Container vor Einkaufszentren in Gewerbegebieten und am Stadtrand, weil diese Standorte für die Betreiber wegen des Publikumsverkehrs in den Geschäftszeiten als wirtschaftlich gut gelten. Damit ist allerdings das Problem verbunden, dass nach Geschäftsschluss der Einkaufszentren die Plätze in der Regel völlig unbelebt und die Imbisse dann ungeschützt sind. Ähnlich ist die Situation auch auf Bahnhofsvorplätzen.
Das Imbissgeschäft in gefährlicher Umgebung
Obwohl sich kaum verallgemeinerbare Aussagen zum ökonomischen und finanziellen Hintergrund der Betreiber machen lassen, scheint die Mehrzahl der Betriebe mit einem geringen Grundkapital ausgestattet zu sein. Meist handelt es sich um Unternehmen, die von einer Person, die ein oder zwei Angestellte beschäftigt, mit hohem finanziellen Risiko geführt werden. Vor allem vietnamesischen Geschäftsleuten wird ein erhebliches Maß an »unternehmerischem Einsatz bei bescheidenen Lebensverhältnissen« und »sehr geringem« Anfangskapital attestiert. Da die Betriebe oft lange geöffnet haben, ist die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden häufig immens. Gleichzeitig muss der Einkauf organisiert werden. Aus Kostengründen werden die meisten Produkte in Großmärkten im Umland Berlins gekauft. Bei einer Ausländerquote von unter einem Prozent in den meisten brandenburgischen Städten und Gemeinden sind zugewanderte Imbissbetreiber oft die einzigen sichtbaren »Ausländer« vor Ort. Im Gegensatz zu ihren Berufskollegen mit Migrationshintergrund in großen Städten, die in der Regel auf ein funktionierendes Netzwerk gegenseitiger Unterstützung bauen können, stehen diese Imbissbetreiber in den meisten Kommunen Brandenburgs oftmals allein da. Sozial und ökonomisch fehlt ihnen jede Anbindung an den Ort. Im Ergebnis beschränkt sich ihr Kontakt zur Bevölkerung in der Regel auf ihre Kundschaft. Vielfach beklagt wird die Feindschaft, mit der sie im Alltag konfrontiert sind. Zwar wird ihre Dienstleistung oft in Anspruch genommen, und Döner und Asia-Pfanne gehören mittlerweile zum lokalen Speisezettel. Gleichzeitig werden die ausländischen Gastronomen jedoch häufig fremdenfeindlich oder rassistisch beurteilt und abgewertet, so dass sie sich vielfach in einer feindlichen Umgebung fühlen. Die durch die Mehrheitsgesellschaft erfahrene Zurückweisung führt bei den Imbissbetreibern zu entsprechenden Konsequenzen. So betonte ein Geschäftsmann im Gespräch, dass er auf Grund der wiederholten schlechten Erfahrungen selbst kein Interesse mehr an Kontakten zur lokalen Bevölkerung habe.
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