»Ich stand so um zwei Uhr nachts am Bahnhof Rehbrücke und wartete auf meinen Zug. Der Bahnhof war leer«, berichtet der 17-jährige Sascha Roth . Der Potsdamer wollte am 23. März 2003 zu seiner Ausbildungsstätte fahren, als drei Männer und eine Frau auf den Bahnsteig kamen, die offensichtlich zur rechten Szene gehörten. Sie beschimpften ihn als »Zecke«. »Ich wollte weglaufen, aber einer der Typen verfolgte mich und schlug mir mit einem Totschläger aufs Knie.« Die Männer fielen über ihn her und schlugen ihn mit der stählernen Waffe auf Hände, Kopf und in den Magen. »Ich will auch mal zutreten«, rief die Frau, die bislang abseits gestanden hatte. Sascha Roth erkannte in ihr eine ehemalige Mitschülerin und sprach sie an. Die AngreiferInnen, offenbar überrascht, ließen ihn zunächst auf dem Bahnsteig liegen.
Kurz darauf kam einer der Männer wieder. Er brüllte »Ab mit Dir auf die Gleise!« und warf den Jungen vom Bahnsteig. Bewegungsunfähig auf dem Schienenstrang liegend, rief Sascha Roth um 2.20 Uhr mit dem Mobiltelefon die Polizei. Kurz bevor die BeamtInnen eintrafen, kam einer der Schläger zurück und half ihm von den Gleisen. Sascha Roth wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht, er hatte Prellungen und einen Nasenbeinbruch erlitten. Die TäterInnen wurden festgenommen.
Der Haupttäter, der auf den Fingerknöcheln SS-Runen tätowiert hat, wurde am 26. Februar 2004 zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der zweite Täter kam mit einer Bewährungsstrafe davon, das dritte Verfahren steht noch aus. Sascha Roth trat als Nebenkläger auf. Zahlreiche Jugendliche begleiteten ihn in den Gerichtssaal, so dass die SympathisantInnen der Angeklagten keinen Platz fanden.
Sascha Roth hatte Glück: Der Zug, der am 23. März 2003 fahrplanmäßig um 2.25 Uhr einfahren sollte, hatte Verspätung – »Das hat mir das Leben gerettet«. Jetzt hofft er, dass sich Jugendliche stärker engagieren, um den Rechten zu zeigen, »dass wir ihren Terror nicht dulden.
Namen wurde geändert
Aktuelles Jahrbuch 2004, Opferperspektive