»Hey Nigger, wir machen dich jetzt platt.« Mit diesem kurzen Satz drückten die Täter den fundamentalen Menschenhass aus, der den einzigen Grund für die Bluttat bildete. Potsdam ist keine braune Hochburg. Es gibt Zonen der Angst, die in der Dunkelheit gemieden werden. Aber viele Rassismusopfer, die wir betreuen, fühlen sich in der Landeshauptstadt sicherer als andernorts. Das Furchtbare ist, dass es keine Zonen der Sicherheit gibt. Zu jeder Zeit, an jedem Ort kann Hass in Gewalt umschlagen.
Ein äthiopischer Berliner, der am Tatort für Ermyas M. betete, sagte: »Wir wissen, dass es jeden von uns hätte treffen können.« Die Menschen, die den Rassismus erfahren, wissen um seine tödliche Gefahr. Dies sagt mehr als jede Statistik, die beweist, dass dieser Überfall kein Einzelfall war. 131 rechtsmotivierte Gewalttaten haben wir im vergangenen Jahr in Brandenburg ermittelt. Einige der Opfer trugen lebensgefährliche Verletzungen davon.
Nur wenige Fälle werden von einer größeren Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen. Die Aufmerksamkeit der Medien und der Politik hat nachgelassen, während die Zahl der Gewalttaten zugenommen hat. Nun wird, nachdem die Potsdamer Bluttat an die Dimension rechter Gewalt erinnert hat, nach schnellen Gegenmaßnahmen gerufen. Aber das Problem ist komplex und nicht auf ein paar tausend Neonazis am Rande der Gesellschaft beschränkt. Auch die Politik, die Medien und die Bürger tragen eine Verantwortung.
Migranten werden in der Öffentlichkeit inzwischen hauptsächlich als Problem wahrgenommen – selbst in Brandenburg, wo es kaum welche gibt. Anfang April forderte Innenminister Schönbohm Muslime auf, das Land zu verlassen. Viele Bürger werden dem zustimmen. Rassistische Einstellungen sind, das zeigen aktuelle Studien, zunehmend verbreitet. Das ist einer der Gründe dafür, weshalb die empfindlichen Strafen, mit denen rechte Gewalttäter in Brandenburg durchaus rechnen müssen, kaum abschreckende Wirkung zeitigen. Denn zu viele fühlen sich hinreichend legitimiert, als “Vollstrecker des Volksempfindens” aufzutreten und Fremden das Aufenthaltsrecht mit Gewalt abzusprechen.
Judith Porath ist Geschäftsführerin des Brandenburger Vereins Opferperspektive
Aktuelles Neonazis, Opferperspektive