Landesweite Neonazipräsenz erwartet

Prozessbeginn
5. April 2004 um 9.30 Uhr
Amtsgericht Potsdam, Hegelallee 8

In der Nacht zum 23.März 2003 griff eine Gruppe von Neonazis nachts einen 17-Jährigen am Bahnhof Rehbrücke an. Das Opfer wurde geschlagen und getreten sowie mit einem Totschläger am Kopf verletzt. Anschließend warfen die Neonazis ihn auf die Gleise, die Verspätung eines Zuges verhinderte noch Schlimmeres. Im Februar 2004 wurde einer der Täter, Heiko G., zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Am Montag, den 5. April 2004 um 9.30 Uhr muss sich der stadtbekannte Neonazi Enrico P. vor dem Amtsgericht Potsdam verantworten. Ihm wird gefährliche Körperverletzung und ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.

Der 17-jährige Auszubildende hatte gegen die Angreifer keine Chance, als sie ihn in der Nacht zum 23. März 2003 auf dem Bahnhof Rehbrücke entdeckten. Zu dritt und bewaffnet wurde er zusammengeschlagen, weil er auf der Jacke einen Aufnäher trug, auf dem ein durchgestrichenes Hakenkreuz abgebildet war.

Der erste Prozess musste unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Zur Unterstützung der Täter reisten nicht nur ein erheblicher Teil der gewaltbereiten Rechtsextremen Potsdams an, sondern auch eine Reihe mehr oder weniger bekannter Neonazis aus dem ganzen Land Brandenburg.

Zum Potsdamer Umfeld der Täter gehört offensichtlich die seit einigen Wochen offen auftretende so genannte »Anti-Antifa Potsdam«. Ihre Angehörigen versuchten, Fotos von den ebenfalls zahlreich erschienenen Unterstützern des Opfers zu machen. Personen, die im Zusammenhang mit den vorangegangenen ersten Prozess standen, wurden während und unmittelbar nach dem Prozess auf einer im Internet veröffentlichte Feindesliste der »Anti-Antifa« gesetzt. Die zuständige Mitarbeiterin der Opferperspektive wurde mit Namen und Bild dort abgebildet. Nach Information von Polizei und Sicherheitsbehörden gegenüber der Opferperspektive handelt es sich dabei um eine ernst zu nehmende und kaum verhohlene Aufforderung der rechtsextreme Szene, gewalttätig gegen unsere Mitarbeiterin und andere so veröffentlichte Personen vor zu gehen.

Obwohl die Betreiber jener »Anti-Antifa«-Liste inzwischen namentlich bekannt gemacht wurden, hat die Polizei bisher keine erkennbaren Schritte gegen diese unternommen.
»Die Geschehnisse der letzten Wochen zeigen, wie wichtig die solidarische Unterstützung von Opfern rechter Gewalt ist. Die Täter und ihr Umfeld versuchen stets, Druck auf die Opfer und ihre Unterstützer auszuüben«, so Claudia Luzar vom Verein Opferperspektive. »Sich davon einschüchtern zu lassen ist mit Sicherheit der falsche Weg. Das Potsdam mittlerweile ein Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten geworden ist, belegen die aktuellen Vorkommnisse und die 15 im letzten Jahr registrierten rechten Übergriffe auf Personen«.

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