Kevin

Im Juli letzten Jahres war Kevin M. noch Punk, auf dem Kopf hatte er einen pinken Irokesen-Haarschnitt. Grund genug für einen Schläger aus einer rechten Dorfclique aus der Uckermark, Kevin zu verfolgen, zu beschimpfen und zu schlagen. Kevin war mit seiner Freundin auf eine Geburtstagsfeier gegangen, im Nachbarort Flieth. Irgendwann am Abend tauchte eine rechte Clique aus dem Nachbardorf Warnitz auf. Darunter der damalige Freund der Gastgeberin, der heute 18-jährige Steffen Sch., der Kevin von oben nach unten musterte. Für Kevin wurde die Lage immer unangenehmer, er verließ mit Freunden die Feier. Steffen Sch. folgte ihm und pöbelte ihn wegen seines Aussehens an, belegte ihn mit Beschimpfungen wie »Zecke« und »dreckiger Jude«. Dann baute er sich vor Kevin auf und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Ein Freund von Kevin griff ein, der Angreifer kam zu Fall. Kevin und seine Freunde riefen die Polizei. Empört über die Anzeige, brüllte Steffen Sch. in Gegenwart der Polizei »Sieg Heil« und betitelte Kevin als »Punk-Fotze«. »Wenn du noch mal in Warnitz auftauchst, machen wir dasselbe wie mit Marinus!« In der Uckermark weiß man, was damit gemeint ist: der Mord an Marinus Schöberl aus dem nur wenige Kilometer entfernten Potzlow im Jahr 2002.

»Der Fall zeigt«, so Kay Wendel, »wie rechte Dorfcliquen in ländlichen Gegenden Brandenburgs operieren. Abweichler von der rechtsextremen Norm werden als Gegner betrachtet und angegriffen. Die Gewaltfantasien der Rechten reichen dabei bis zum grausamen Mord. Dass nicht noch mehr Angriffe geschehen, liegt hauptsächlich daran, dass es in Gegenden wie der Uckermark immer weniger Punks gibt. Der alltägliche Druck ist zu stark. Bald haben die Rechten keine »natürlichen Feinde« mehr. Dann wird der Landstrich wie Vorpommern, mit NPD-Wahlergebnissen nahe 40 %.«

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