Für das Jahr 2013 sind dem Verein Opferperspektive 85 rechte Gewalttaten im Land Brandenburg bekannt geworden. Sie richteten sich nach Kenntnis der Beratungsstelle gegen mindestens 113 direkt Betroffene und 28 indirekt betroffene Personen. Im Vergleich zum Vorjahr wurde ein leichter Rückgang der Gewalttaten dokumentiert (2012: 95) und damit das Niveau von 2011 (84) erreicht.
Es wurden 51 Körperverletzungen (23 gefährliche; 28 einfache), 7 versuchte Körperverletzungen und 17 Bedrohungen, 5 Brandstiftungen und 5 Sachbeschädigungen registriert. Der Anteil der rassistisch motivierten Gewalttaten war mit annähernd der Hälfte der Angriffe unverändert hoch. In 39 der 85 Fälle wurden Flüchtlinge und MigrantInnen angegriffen. 30 Angriffe wurden aus Hass auf politische Feinde begangen. 10 Übergriffe richteten sich gegen nicht-rechte Menschen, vor allem alternative Jugendliche. In 4 Fällen handelte es sich um Angriffe auf vermeintlich sozial benachteiligte Personen.
Eine Häufung von Angriffen war erneut in Süd-Brandenburg festzustellen, insbesondere im Landkreis Spree-Neiße und in Cottbus. In Spremberg z.B. wurden wiederholt nicht-rechte und alternativ aussehende Jugendliche von rechten Schlägern verfolgt, bedroht und tätlich angegriffen. Die Täter sind teilweise stadtbekannte Neonazis aber auch Heranwachsende aus dem Umfeld der verbotenen »Widerstandsbewegung Südbrandenburg«. Das Organisationsverbot aus dem Jahr 2012 war – wie zu erwarten – nur kurzfristig wirksam. Inzwischen sind verschiedene Nachfolgeinitiativen zu beobachten.
Drei Anschläge auf geplante Flüchtlingsunterkünfte und eine versuchte Brandstiftung in einer bewohnten können als Folge der rassistischen Mobilisierung gegen Flüchtlinge angesehen werden. Neonazis versuchten 2013 vorhandene Abwehrhaltungen in Teilen der Bevölkerung, bestehend aus Vorurteilen, rassistischen Ressentiments und Besitzstandsängsten, im Internet und durch diverse Aktionen zu radikalisieren. Im April 2013 startete die NPD eine Kundgebungsreihe und zog zum Teil direkt vor den Sammelunterkünften auf. Im August wurden bei einer solchen Aktion vor der Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt GegendemonstrantInnen massiv attackiert, so dass einer der Verletzten ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
In der Beratungspraxis der Opferperspektive war im Jahr 2013 ein starker Anstieg von Fällen unterhalb der Gewaltschwelle zu verzeichnen, die in den oben genannten Zahlen nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören Fälle wie diese: Ein Dorfbewohner wird von seinem Nachbarn jahrelang verleumdet und anderweitig drangsaliert, weil er sich dessen Holocaustleugnungen verbeten hatte. Eine Zeugin in einem Strafverfahren fühlt sich vom Angeklagten unter Druck gesetzt, der ein einschlägiger Neonazi ist. Eine Behördenangestellte, die sich für eine Flüchtlingsunterkunft einsetzt, findet anonyme Schreiben rassistischen Inhalts an ihrem Arbeitsplatz. In all diesen Fällen wirkt die allgemein bekannte Gewaltbereitschaft von rechten Schlägern auch auf Menschen, die nicht unmittelbar angegriffen werden.
Pressekontakt: Anne Brügmann, Tel.: 0151-59100085
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