In dem kleinen Dorf Rohrlack schickt ein 24-jähriger Skinhead an einen 41-jährigen Freiberufler einen Drohbrief, darin die Worte: »Ich werde dich platt machen.« Dreieinhalb Wochen später, Mitte Februar, ein zweiter Brief, in dem er Peter F. beleidigt und ausführt: »Ihr Juden erhebt eure Stimme immer, wenn es Personen gibt, die eine andere politische Einstellung haben, die eurer nicht entspricht. Ihr Juden seid doch selber Schuld für den wachsenden Antisemitismus in Deutschland.«
Dann wieder eine versteckte Drohung: »Das, was du in der Vergangenheit von dir gegeben hast, haben jetzt auch andere Menschen mitbekommen, die vielleicht mit diesem Thema nicht so zurückhaltend umgehen werden.« Der Konflikt eskaliert, als der Skinhead wegen des ersten Drohbriefs am 20. Februar verurteilt wird. In der Nacht randaliert er vor dem Haus von Peter F. Völlig betrunken zieht er eine Waffe und richtet sie auf Peter F. Wenige Tage später findet die Polizei bei einer Hausdurchsuchung bei dem Skinhead Munition, die unter das Kriegswaffen-Kontrollgesetz fällt. Peter F. hat Angst, weil er weiß, wie unberechenbar und gewalttätig Nico D. sein kann.
Am Mittwoch fand nun eine Versammlung in Rohrlack statt, bei der Peter F. anbot, den Konflikt mit Nico D. außerhalb des Gerichts zu lösen. Denn Nico D. braucht Hilfe, um sich unter Kontrolle zu bringen. Bürgerinnen und Bürger aus Rohrlack haben sich bereit erklärt, im Notfall Peter F. zu Hilfe zu kommen und Nico D. zurückzuhalten.
Das ist bemerkenswert, weil diese Form von Zivilcourage in Brandenburg nicht die Regel ist. Die Bürgerinnen und Bürger von Rohrlack delegieren ihre Verantwortung für die Konflikte in ihrem Dorf nicht an ferne Instanzen. Sie wollen selbst zu einer Lösung beitragen. Das könnte als positives Beispiel wirken.
Es setzt allerdings voraus, dass man versteht, um was für einen Konflikt es sich handelt. Seine Gefährlichkeit gewinnt die Bedrohung durch den antisemitischen und rechtsextremen Inhalt. Es ist gerade kein normaler Nachbarschaftsstreit, bei dem nebenbei »Jugendliche mit Nazi-Symbolen andere provoziert haben«, wie die MAZ bagatellisierend schreibt. Auslöser und Motor des Konflikts ist eine brisante Verbindung von ideologischen und persönlichen Motiven, die entflochten werden müssen.
Eine Lösung ist auf den Weg gebracht. Die kann jedoch mit Verharmlosungen nicht funktionieren. Es ist leider ein schlechter Rat der MAZ, aus Angst um den Ruf des Dorfes die Augen vor dem Antisemitismus von Nachbarn zu verschließen oder in dieser Situation dem Opfer Profilierungssucht zu unterstellen.
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