Helfer in Geldnot

Der Verein Opferperspektive kümmert sich seit sieben Jahren um Opfer rechter Gewalt, das Engagement wird auch weithin anerkannt – dennoch droht akute Finanznot. Im Oktober 2004 habe die Opferperspektive beim Landesjustizministerium eine Förderung für 2005 in Höhe von 45000 Euro beantragt, doch gebe es noch immer keine Entscheidung, klagte Vereinsmitglied Dominique John am Dienstagabend bei einem Pressegespräch in Potsdam. Dabei sei die Betreuung von Opfern rechtsextremer Angriffe notwendiger denn je, wie schon die Polizeistatistik zeige. Das Landeskriminalamt hatte, wie berichtet, 2004 insgesamt 105 Fälle rechtsextremer Gewalt registriert – das waren nochmal 18 mehr als 2003 und so viele wie nie zuvor in diesem Jahrhundert. Die Opferperspektive selbst zählte im vergangenen Jahr sogar 136 rechtsextreme Gewaltdelikte.

Das Justizministerium sagte gestern zunächst, dass die Entscheidung über den Antrag der Opferperspektive noch nicht gefallen ist. Dann gab es überraschend eine halbe Kehrtwende: Die Opferperspektive könne vom 1. Juli an Geld abrufen, sagte der Sprecher des Ministeriums, Thomas Melzer, dem Tagesspiegel. Er ließ aber offen, in welcher Höhe der Verein gefördert wird. Es gebe zwar im Haushalt 2005 einen Titel für das »Projektfeld Opferberatung und Täter–Opfer–Ausgleich« über 45000 Euro. Doch Melzer betonte, die Bewilligung des Titels durch den Landtag bedeute nicht automatisch, dass die Opferperspektive die beantragte Summe in voller Höhe erhält.

Der Verein selbst veranschlagt seinen Finanzbedarf auf jährlich 250000 Euro. Für das erste Halbjahr hatte die Bundesregierung über das Förderprogramm »Civitas« 103000 Euro überwiesen – mit der Maßgabe, dass Brandenburg ebenfalls Geld zuschießt. Der Bund wird auch nur weiter fördern, wenn das Land mitzieht. Warum sich das Landesjustizministerium so schwer tut, ist nicht ganz klar. Melzer deutete an, es habe zum Antrag der Opferperspektive viele Rückfragen gegeben, da der Verein für 2005 deutlich mehr beantragt habe als für das Vorjahr. Den Verdacht der Opferperspektive, das von der CDU–Frau Beate Blechinger geführte Ministerium habe den als links geltenden Verein aus politischen Gründen hängen lassen, wies Melzer zurück.

Anlass für den Verdacht ist eine bizarre Rechnung, die der Generalsekretär der Brandenburger CDU, Sven Petke, kürzlich präsentiert hatte. Opfer rechtsextremer Gewalt erhielten deutlich mehr Geld als die von anderen Verbrechen betroffenen Menschen, sagte Petke und sprach von »Opfern erster und zweiter Klasse«. Blechinger distanzierte sich im Landtag von ihrem Parteifreund. Es sei »wenig sinnvoll, Opfergruppen mit unterschiedlichen Problemen zu bilden und gegeneinander ausspielen zu wollen«, mahnte sie vergangene Woche. Petke sagte gestern dem Tagesspiegel, er habe gar nichts gegen die Opferperspektive.

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