Grußwort zur Jubiläumsveranstaltung 25 Jahre Opferperspektive e.V.
am 22. September 2023
Sehr geehrte Frau Porath,
sehr geehrter Prof. Dr. Treß,
sehr geehrter Herr Reinert,
sehr geehrte Frau Ngari und Frau Otieno,
sehr geehrter Herr Roos,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,
25 Jahre Opferperspektive – das ist eine beeindruckende Geschichte, eine erfolgreiche Geschichte, eine Geschichte, auf die alle, die daran mitgewirkt haben, stolz sein können.
Ich möchte Sie beglückwünschen dazu und Ihnen meine Anerkennung für die wertvolle Arbeit dieser letzten Jahre aussprechen.
Sie haben es geschafft, dass der Begriff Opferperspektive im ganzen Land einen guten Namen hat, dass die Betroffenen wissen, dass sie sich an Sie wenden können und gut beraten werden.
Für die Politik sind Sie manchmal unbequem, das gehört dazu, das muss so sein, das ist Ihre Rolle.
Sie tun das immer im Interesse und für Ihre Klientinnen und Klienten und ergreifen Partei für Menschen, für die oft niemand sonst Partei ergreift.
Die Landesregierung finanziert ja sowohl die Gewaltopferberatung über die Staatskanzlei als auch die Diskriminierungsberatung über mein Haus, aus dem Haushaltstitel der Integrationsbeauftragten.
Beide Bestandteile gehören zusammen, Sie beraten Opfer von Rassismus einerseits, und andererseits Opfer rassistischer Diskriminierungen. Das ist nur gemeinsam zu betrachten und es ist gut, dass es in einer Hand liegt.
Wenn es etwas gibt, was einen nachdenklich stimmen kann an einem solchen Tag, der auch zum Feiern da ist und zur Freude über das Erreichte, dann ist es die Tatsache, dass wir auch im Jahr 2023 die Arbeit der Opferperspektive immer noch so dringend brauchen – dringlicher denn je benötigen.
Wir wollen eine Willkommenskultur aufbauen für Arbeits- und Fachkräfte und wir schaffen es gleichzeitig nicht, die Bevölkerung und auch die Institutionen dafür zu gewinnen, diskriminierungsfrei zu handeln.
Überall in unserem Land werden die Menschen mit anderem Aussehen, mit vermeintlicher Migrationsgeschichte, mit anderer Hautfarbe diskriminiert und rassistisch behandelt. Ob das an der Supermarktkasse ist oder in der Straßenbahn, in der Nachbarschaft oder auf der Suche nach einer neuen Wohnung.
Oder auch ganz einfach auf der Straße. Vor kurzem hat mir eine Schwarze Person ganz ruhig und nebenbei gesagt, wenn sie mir auf der Straße sagen „Was willst du hier du Schokolade“, dann merke ich das schon gar nicht mehr.
Ich finde das erschütternd. Wir müssen so etwas wahrnehmen, wir müssen den betroffenen Personen zur Seite stehen, wir müssen dagegen etwas unternehmen, dürfen das nicht zulassen.
Wir müssen gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen und gleichzeitig die Opfer von Diskriminierung beraten und ihnen dazu verhelfen, zu ihrem Recht zu kommen.
Dafür brauchen wir die Opferperspektive.
Das Land kann es sich nicht leisten, auf eine Beratung wie die Ihre zu verzichten.
Schlimm, dass die aktuellen politischen Entwicklungen diesen Satz so wichtigmachen.
Sie haben zwei ganz wichtige, bedrückende und eindringliche Publikationen vorgelegt – „Wie ein Fisch im Aquarium“, Alltagsrassismus in Cottbus und, bereits im Jahr 2013, „Viele trauen sich nicht, die Dinge anzusprechen“, Alltagsrassismus in Potsdam.
Das sind nur zwei Beispiele für so viele verschiedene Projekte, die Sie über die Jahre hinweg auf den Weg gebracht haben.
Ich möchte nur einige weitere davon nennen:
– Die Publikation zur Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt,
– die Ausstellung zu den Todesopfern rechter Gewalt in Brandenburg,
– die regelmäßige Berichterstattung zu den Opferzahlen rechter Gewalt in Brandenburg
– die Podcasts zu den Brandenburger Baseballschlägerjahren,
– und gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten haben Sie 2021 das 25jährige Gedenken an den Anschlag auf Noël Martin gestaltet.
Auch wenn mein Haus die Finanzierung der Diskriminierungsberatung in den letzten Jahren mehr als verdoppelt hat, so reicht es dennoch noch lange nicht aus, um eine wirklich flächendeckende Beratung sicherzustellen.
In Zeiten knapper Kassen ist das schwierig.
Da ist es ein großes Glück, dass es die Opferperspektive immer schon ausgezeichnet hat, kreativ und erfinderisch zu sein auf der Suche nach Zuwendungsgebern.
Ein hartes Geschäft, bei dem Sie immer wieder sehr erfolgreich und geschickt handeln.
Das soll die Landesförderung nicht relativieren, die ist grundlegend, eine Ergänzung ist gleichwohl immer sehr sehr hilfreich.
Das neue Projekt einer merkmalsübergreifenden Beratung, also einer Beratung, die alle nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz geschützten Diskriminierungsmerkmale umfasst, verweist in die Zukunft und ist ein wichtiges Projekt für unser Bundesland.
Am heutigen Tag also Grund zur Freude, zur Einkehr, zur Bekräftigung der eigenen Arbeit, zum Blick zurück auf Erreichtes und zum Blick nach vorn auf neue Aufgaben und Vorhaben.
Ich danke Ihnen nochmals sehr herzlich für alles und wünsche Ihnen gleichzeitig für die Zukunft alles Gute. Und viel Kraft, denn ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist, diese Geschichten, diese Ereignisse, mit denen Sie tagtäglich konfrontiert sind, zu verkraften.
Nichts gegen das, was es für die Betroffenen bedeutet und was sie zu erleiden haben, und dennoch auch belastend.
Starke Nerven also, weiterhin die so wichtige Empathie, Parteilichkeit und das große Engagement, das Sie auszeichnet.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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