Am 1. Juli 1992 hatte sich Emil Wendland auf einer Parkbank im Rosengarten in Neuruppin niedergelegt. Auf der Suche nach einem »Opfer« stieß die Gruppe Neonazis auf den schlafenden Emil Wendland. Als dieser auf Beleidigungen nicht reagierte, traktierten sie ihn mit Fäusten und zerschlugen eine Bierflasche auf seinem Kopf. Danach verließen die Männer den Tatort, jedoch kam einer der Neonazis zurück und stach siebenmal in den Oberkörper des bewusstlosen Emil Wendlands. Einer der Stiche durchtrennte seine Herzschlagader. Emil Wendland starb an inneren Blutungen. Die Mörder wurden zwei Tage später festgenommen und wegen Totschlags zu drei und sieben Jahren Jugendhaft verurteilt. Bis heute ist nicht ganz klar, ob der für die Stiche verurteilte vermeintliche Haupttäter tatsächlich die tödlichen Verletzungen ausführte.
Emil Wendland war das zweite wohnungslose Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg seit 1990. Wohnungslose Personen und sozial Randständige sind neben MigrantInnen und alternativen Jugendlichen die größte Betroffenengruppe rechter Gewalt in der Bundesrepublik. Von den insgesamt 27 Todesopfern rechter Gewalt, die der Verein Opferperspektive seit 1990 in Brandenburg dokumentiert hat, wurden allein neun Taten aus sozialdarwinistischen Motiven begangen. Hingegen sind nur drei dieser Fälle von der Landesregierung als rechte Tötungsdelikte anerkannt. Obwohl es seit 2001 eine klare Handhabe für die Dokumentation dieser Morde gibt. Angriffe auf Obdachlose sollen als politisch motivierte Kriminalität gewertet werden, wenn kein anderes eindeutiges Tatmotiv erkennbar ist. Das Land Brandenburg hat bisher auch Emil Wendland die Anerkennung verweigert. Ebenso weigert sich die Bundesregierung den Mord an Emil Wendland als politisch motivierte Tat einzustufen . Dabei wurde Wendland bis Mitte der 90er Jahre offiziell als Todesopfer rechter Gewalt von der Bundesregierung aufgeführt. Jedoch wurde er von dieser Liste, ohne Angabe von Gründen, gestrichen.
Auch in der Stadt Neuruppin gab es bis jetzt keinen Ort des Gedenkens und der Anerkennung. Es vergingen 20 Jahre, bis eine Antifaschistische Initiative des Jugendwohnprojekts MittenDrin die Errichtung der Gedenktafel durchsetzte. Zur Einweihung der Tafel kamen 35 meist jugendliche NeuruppinerInnen. VertreterInnen der Stadt waren auf der Kundgebung des MittenDrins nicht anwesend, da sie bereits zwei Tage vor dem Todestag Wendlands die Tafel einweihten. Die Stadt rechtfertigte die Unmöglichkeit einer gemeinsamen Veranstaltung mit organisatorischen Gründen. Die AktivistInnen aus dem MittenDrin halten eine inhaltliche Distanzierung für wahrscheinlicher. So fehlen auf der Gedenktafel auch die ursprünglichen Sätze, welche eine gesellschaftliche Mitverantwortung an solchen Taten benennen.
Eine Woche nach der Einweihung der Gedenktafel führte eine Demonstration von 50 meist jugendlichen AntifaschistInnen im »Gedenken an Emil Wendland und alle anderen Opfer rechter Gewalt« durch Neuruppin.
Redebeitrag Opferperspektive
Redebeitrag MittenDrin