Wann haben Sie vom Tod Farid Guendouls erfahren?
Ich habe davon auf dem Rückweg vom Winterurlaub im Radio gehört. Dass so etwas in unserer Nähe passiert, das war mir ein schrecklicher Gedanke.
Wie waren Ihre ersten Reaktionen?
Zusammen mit meiner Frau habe ich ein Plakat gemalt, auf dem Stand »Wer Fremde jagt als Mensch versagt«. Damit waren wir am nächsten Tag bei der Mahnwache, an der auch Ministerpräsident Stolpe und andere teilnahmen. Einen Tag später, am Montag, bin ich dann mit Schülern der 2. und 3. Klasse im Religionsunterricht zum Tatort gegangen. Die Schüler haben anschließend an die Freunde von Farid Guendoul im Asylbewerberheim einen Brief geschrieben.
Wie kann man Ihrer Meinung nach angemessen auf eine solche Tat reagieren?
Als der Gedenkstein für Farid Guendoul geschändet wurde, fand sich eine Initiative, die gesagt hat, wir müssen Gesicht zeigen, wir pflegen den Stein. Seitdem ist es ruhig geworden. Der hinter dieser Initiative stehende Grundgedanke, dass sich Menschen finden müssen, die sagen, wir stehen für dieses Gedenken, teile ich uneingeschränkt. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Menschen sagen, das lassen wir uns nicht gefallen – ähnlich wie bei der Schändung des jüdischen Friedhofs im Jahr 2000, nach der am nächsten Tag 30 Menschen vor Ort waren und die Schäden beseitigt haben.
Wie ist der Umgang heute mit den Ereignissen vor zehn Jahren in Guben?
Der Tod von Farid Guendoul ist kein Gesprächsthema. Der Erfolg der NPD bei den Kommunalwahlen, aber auch Aufkleber und Plakate im Stadtbild zeigen deutlich, dass Neonazis in Guben immer noch aktiv sind – vor allem oben im Neubaugebiet. Und natürlich gibt es die Menschen, die der Meinung sind, wir dürfen darüber nicht immer reden, dadurch würde das Bild von Guben beschädigt. Dabei könnte sich Guben genau umgekehrt hervortun und sagen, wir sind für eine bunte Vielfalt und gegen braune Einfalt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Es gibt einen Konsens über Partei- und Konfessionsgrenzen hinweg in dieser Sache, es gibt Menschen, die wachsam sind. Es ist ermutigend, dass man jetzt zu dem Gedenken das ganze Jahr über Veranstaltungen machen will, um damit vor allem die Jugendlichen zu erreichen, die damals noch Kinder waren und davon eigentlich nichts wissen. Da sie besonders im Visier der Nazipropaganda stehen, ist es besonders wichtig, ihnen die Geschichte zu erzählen und sie über die Ziele der Neonazis aufzuklären.
Aktuelles, Interviews Farid Guendoul, Guben, Neonazis