Die letzte Demütigung

Die übrigen Gäste brachten sich in einem Nebenraum in Sicherheit. Nachdem die Rocker abgezogen waren, wurde Omar F. mit Kopfverletzungen und ausgeschlagenen Zähnen in ein Krankenhaus gebracht. Das Jugendhaus musste neu gestrichen werden. Bis zur Decke hatte das Blut gespritzt.

Danach wagte sich Omar F. nicht mehr allein auf die Straße. Nachts plagten ihn Albträume. Eine Berliner Universitätsklinik diagnostizierte eine schwere Traumatisierung. Die Ärzte baten die Ausländerbehörde in Senftenberg, ihrem Patienten einen Umzug in die Nähe von Berlin zu ermöglichen. Auch die Opferperspektive bestand darauf. Aber alle Anträge wurden abgelehnt. Erst eine Klage ermöglichte nach zwei Jahren einen Umzug.

Die Polizei hatte unterdessen eher wider willig ermittelt und keinen rassistischen Hintergrund ausmachen können. Die TäterInnen sagten, sie seien von den Ausländern provoziert worden, und der Jugendclub-Leiter bestätigte dies. Zum Kontext gehört eine Geldspende des MC Bones an den Jugendclub. Dann verschwand die Ermittlungsakte bei der Staatsanwaltschaft Cottbus. Als endlich eine Anklageschrift zustande kam, dauerte es ein weiteres Jahr, bis es im Februar 2001 zum Prozess gegen zwei Täter kam. Drei Jahre nach dem Überfall waren die Erinnerungen der ZeugInnen lückenhaft geworden. Das Amtsgericht Senftenberg ließ die Angeklagten mit Geldstrafen davonkommen.

Omar F. klagte auf Schmerzensgeld. Im November 2005 wurde das Urteil gesprochen: Freispruch für einen Schläger, der zweite muss 2.000 Euro Schmerzensgeld entrichten. Davon hat Omar F. aber nichts, denn er muss die Anwalts- und Gerichtskosten seiner Peiniger übernehmen – 3.000 Euro.

Die Narben in seinem Gesicht zeugen vom dem Leid, das Omar F. vor acht Jahren erlitten hat. Zu seinen Verletzungen wurden weitere hinzugefügt, bis er am Ende des Rechtswegs die ultimative Demütigung erlebte: »Sie haben mich zusammengeschlagen, und ich soll dafür bezahlen.«

Omar F. war das erste Opfer rechter Gewalt, das von der Opferperspektive betreut wurde. Die Kosten der Zivilklage wurden durch Spenden beglichen. Wir danken allen SpenderInnen für ihre Unterstützung.

Aktuelles