Demokratie und Vielfalt in Südbrandenburg bedroht


Pressemitteilung

Kundgebungsteilnehmer:innen in Elbe-Elster Ziel massiver Einschüchterung und Gewalt

Elsterwerda, 22.02.2024

Während der Kundgebung “Für Demokratie und Vielfalt” in Elsterwerda am 18. Februar 2024 kam es zu einem rechten Vorfall, bei dem ein Teilnehmer der Veranstaltung Ziel eines Angriffs wurde. Der Vorfall ereignete sich am Rand der Kundgebung, als ein Mann aus einer Gruppe Rechtsextremer auf einen Redner gezielt zutrat, ihn seitlich schubste und ihm das Handy aus der Hand schlug.

Paul-Philipp Neumann von Bündnis 90/Die Grünen, der betroffene Redner auf der Kundgebung, schildert: “Am Rand der Kundgebung hatte sich eine Gruppe Rechtsextremer versammelt. Trotz meiner Hinweise an die Polizei, dass sich Menschen hierdurch eingeschüchtert fühlen könnten, bestätigte diese zwar meine Einschätzung, meinte aber, nichts tun zu können. Sie hätten zu wenig Kräfte.” Neumann wurde später selbst Ziel eines Angriffs: „Ein Mann aus dieser Gruppe wollte mich gezielt einschüchtern, weil er mich vermutlich als Aktivisten gegen Rechtsextremismus hier in der Region erkannt hat. Obwohl ein Polizist in unmittelbarer Nähe stand und den Vorfall beobachtet haben muss, wusste er nicht, ob er hierzu eine Anzeige aufnehmen kann. Personalien von Zeugen wurden nicht erfasst“, ergänzt Neumann.

In den vergangenen Wochen haben Hunderte Menschen im Südbrandenburger Landkreis Elbe-Elster an Demonstrationen teilgenommen, um sich für die Verteidigung der Demokratie und gegen rechtsextreme Macht- und Vertreibungsfantasien einzusetzen. Dabei sahen sie sich wiederholt rechten Angriffen und massiven Anfeindungen ausgesetzt. Mehrfach entstand bei ihnen der Eindruck, dass die örtliche Polizei nicht angemessen vorbereitet sei, die Demonstrant:innen vor rechten Bedrohungen zu schützen und ein klares Signal zu setzen, dass Einschüchterungsversuche nicht geduldet und im Keim erstickt werden.

„Warum war die Polizei so passiv? Obwohl wir im Netz gelesen hatten, dass Rechtsextreme zum Stören unserer Demo mobilisieren und wir dies der Polizei gemeldet hatten, war die Polizei nur mit einer Handvoll Kräften vor Ort“, fragt sich Christian Nürbchen, einer der Organisatoren der Kundgebung vom Netzwerk gegen Rechts Elbe-Elster.

Der Vorfall in Elsterwerda reiht sich nahtlos in eine Reihe von Angriffen, Bedrohungen und Einschüchterungsversuchen in der Region seit den Correctiv-Enthüllungen über das Geheimtreffen in Potsdam ein. Anne Brügmann vom Verein Opferperspektive erklärt hierzu:
„Die Zunahme rechter Angriffe und Bedrohungen in der Region Elbe-Elster seit Jahresbeginn ist ein deutliches Zeichen, wie sehr sich die extreme Rechte durch die demokratische Zivilgesellschaft herausgefordert fühlt. Die menschenverachtende Politik und Hetze, die die AfD in den letzten Jahren geschürt hat, fungiert als Katalysator für eine verschärfte Bedrohungslage gegenüber Migrant:innen und politisch Engagierten. Einschüchterungsversuche gegen politische Gegner:innen sind ein wesentlicher Bestandteil rechter Raumergreifungsstrategien. Es liegt in der Verantwortung der Polizei, die Bedrohungslage überall im Bundesland ernst zu nehmen und den Schutz derjenigen, die sich gegen Rechts engagieren und auf die Straße gehen, konsequent zu gewährleisten. Diese Schutzpflicht gehört zu ihren Kernaufgaben.“


Bekannt gewordene Vorfälle:

27.1.2024, Herzberg – Etwa 500 Menschen nahmen an einer Kundgebung gegen Rassismus teil, bei der auch Teilnehmer:innen der Bauernproteste anwesend waren. Einige von ihnen schienen mehr provozieren zu wollen, als das Anliegen der Kundgebung zu unterstützen; Teilnehmer:innen fühlten sich von ihnen bedrängt und eingeschüchtert. Als ein Redner versuchte, einen rechtsextremen Provokateur von der Veranstaltung auszuschließen, verhinderten mehrere von ihnen mit einem Hupkonzert weitere Redebeiträge. Ein LKW durchbrach die Straßensperren und fuhr bedrohlich weit auf den Kundgebungsplatz. Nach der Kundgebung fuhren Rechtsextreme mit einem Auto zur Privatadresse des Veranstalters und skandierten lautstark bedrohliche Songtexte der Band Landser.

28.1.2024, Finsterwalde – Hunderte Menschen demonstrierten auch in Finsterwalde für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Eine Gruppe AFD-Anhänger, darunter der Landtagsabgeordnete Peter Drenske, mischte sich provokativ mit einem AFD-Transparent unter die Teilnehmenden und ignorierte die Aufforderung des Versammlungsleiters, die Kundgebung zu verlassen. Es kam zu einem Gerangel, bei dem ein Kundgebungsteilnehmer geschlagen wurde.

17.2.2024, Herzberg – Mitglieder des Netzwerks gegen Rechts Elbe-Elster berichteten in einem sozialen Netzwerk von den Bedrohungen, denen sie seit den ersten Kundgebungen ausgesetzt sind. Die Liste der Vorfälle reicht vom Einbruchsversuch über schriftliche und mündliche Gewaltdrohungen, Stalking und Verfolgung bis hin zu Verleumdungen, übler Nachrede, öffentlichem Anschreien und täglichen Anfeindungen in sozialen Netzwerken.


Ansprechpersonen für Nachfragen:
Anne Brügmann, Opferperspektive e.V. – 0151-59100085, a.bruegmann@opferperspektive.de

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