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Seit dem 27. September 1998 hat die Republik eine neue Regierung. Inzwischen ist vielen Wähler ihr Kreuz in der Wahlkabine zu einem Kreuz geworden. Viel hat sich nicht geändert. In der Koalitionserklärung stand geschrieben, »die Bundesregierung wird die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu einem Schwerpunkt machen«. Aber statt ein umfassendes Ausländergesetz auf den Weg zu bringen, scheut der Erste Populist der rot-grünen Bundesregierung die wirkliche Auseinandersetzung mit der weit verbreiteten Ausländerfeindlichkeit. Gerhard Schröder will die Einwanderungserlaubnis über die Green-Card ausweiten. Auch Bundes-innenminister Otto Schily propagiert den »Aufstand der Anständigen«. Ein Blick in sei-nen ersten Verfassungsschutzbericht zeigt, dass ihn genau so gut sein Vorgänger Manfred Kanter hätte unterschreiben können. Roland Koch gewann nach einem ag-gressiven und rassistischem Wahlkampf, finanziert mit »jüdischen Vermächtnissen«, die hessische Landtagswahl. Getreu diesem Vorbild füllte die CSU-Forderung nach einem NPD-Verbot das Sommerloch 20000. »Manfred Schily« übernahm die Melodie im Bundeskabinett. Inzwischen spielt die Musik in Karlsruhe.
Manfred Stolpe zeigte 1997 Verständnis für seine »Landeskinder« in Gollwitz, als sie ein Heim für jüdische Auswanderer ablehnten. Drei Jahre später reute ihn seine Un-terstützung. Ein ehemaliger Konsistorialpräsidenten kann öffentlich »mea culpa« bekennen, dem Ministerpräsidenten kommt die Einsicht in seine rechte Unterstützung zu spät. Sein Innenminister erklärte im Herbst 2000, ein faschistisches Gewaltopfer könne aufgrund der traumatischen Ereignisse nur bedingt ein eigenständiges Leben führen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warf daraufhin Jörg Schönbohm rassistisches Verhalten vor. Manfred Stolpe wies die Vorwürfe zunächst zurück, um die Unterstützung Tage später wieder zurückzunehmen. Für Kurt Biedenkopf sind seine Sachsen immun gegen rechtsradikale Versuchungen.
Der »Rock gegen rechte Gewalt« mit Udo Lindenberg und anderen Künstlern in Dresden am 3. Februar 2001 brachte 60.000 Mark ein. Der Erlös geht an die Amadeu Antonio-Stiftung in Berlin. Der angolanische Vertragsarbeiter Amadeu Antonio Kiowa wurde in der Nacht vom 24. auf den 25. November im brandenburgischen Eberswalde aus einer Bande von 50 bis 60 rechtsradikalen Skinheads zu Tode geprügelt. Viel wichtiger als große Benefizkonzerte ist aber, soziale Arbeit langfristig finanziell und personell abzusichern.
Das forderte schon 1992 der landesweite Runde Tisch gegen Gewalt in Sachsen unter dem Vorsitz des Landtagspräsidenten Erich Iltgen.
Die DDR verstand sich als antifaschistisch. Rassismus und Ausländerfeindlichkeit gab es damit nicht. Angepöbelt und geschlagen wurden ihre Kontraktarbeiter schon seit 1981. Die Regierung beutete sie aber nach allen Regeln des Kapitalismus aus. Kindergeld wurde ihnen ebenso willkürlich verweigert, wie später die Entlassungsprämie. Vietnamesische Gruppenleiter schikanierten ihre Landsleute besonders perfide und Sonderzahlungen standen nur auf dem Papier. Statt Ausbildung, wie es die binationalen Verträge vorsahen, mussten sie, wie ihre ausländischen Kollegen in der BRD, die Drecksarbeit erledigen.
Trotzdem aber nahmen und nehmen sie, so das Vor – Urteil beiderseits der Elbe, den Deutschen die Arbeitsplätze weg.
Folkard Bremer wohnte vier Jahre in der Stadtmitte von Hoyerswerda gegenüber dem früheren Polenblock, wo vor zehn Jahren die ersten rechtsradikalen Angriffe auf Ausländerwohnheime nach der staatlichen Vereinigung begannen. Er dokumentiert zum erstenmal den tatsächlichen Ablauf der Krawalle.
Schon am 1. Mai 1990 wurden nur zweihundert Meter vom Polizeirevier auf der Kirmes Mosambikaner angegriffen. Ein Einschreiten der verunsicherten Polizei, die nicht mehr die des Volkes war, ist nicht bekannt.
Die Bürger konnten und wollten sich mit der Andersartigkeit ihrer Nachbarn nicht anfreunden. Deshalb kam es am 18. Juli 1991 zu einem Bürgergespräch, aus dem die Stadtverwaltung Konsequenzen zog und damit die Lage soweit im Griff hatte. Aber zwei Monate später explodierte der Ausländerhass. Acht betrunkene Skinheads wollten für die von Vietnamesen gekauf-ten Zigaretten nicht bezahlen. Mit dem Benzin der Einheimischen wurden die Brand-beschleuniger gemischt. Sachsens Innenminister Rudolf Krause ließ die Unterkünfte der Asylbewerber räumen und schuf damit die erste »national befreite Zone« im Osten Mit Bussen wurden sie beschleunigt gen Flughafen Frankfurt gekarrt. Die Rechten hatten gesiegt und eine gewaltige Staatsmacht vergewaltigt.
Weder brannten in Hoyerswerda Häuser, noch verbrannten Ausländer wie später in Rostock, Hünxe, Solingen und anderen deutschen Städten. Aber Hoyerswerda stand am Beginn einer inzwischen sich stark verfestigten braunen Szene im Osten.
Folkard Bremer »Am Anfang stand Hoyerswerda: ›Ausländer raus!‹: Eine rechte Torvorlage und ein Bericht zur Lage der Nation«, erschienen im Peter-Grohmann-Verlag Stuttgart / Dresden 2001 ISBN 3-927 340 61 8. Preis: 19.80 DM
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