Alltäglicher Rassismus

Über 90 Prozent der rechtsmotivierten Gewaltdelikte konnten nach Angaben des Innenministeriums 2004 aufgeklärt werden. Laut Justizministerium wurde in über 75 Prozent der Fälle Anklage erhoben. Auch wenn bei diesen Zahlen eine Dunkelziffer bleibt: Rechte Schläger müssen in Brandenburg mit Strafverfolgung rechnen. Und sie erhalten oft deutliche, zum Teil drastische Haftstrafen. Viele Angeklagte lassen aber kein Unrechtsbewusstsein erkennen. In einem Verfahren gegen zwei Männer, die einen Kenianer mit einer Glasscherbe in den Hals gestochen hatten, sagten mehrere Zeugen, einer der Täter habe den Angriff mit den Worten gerechtfertigt: »Den Ausländern geht es hier zu gut.« Jedes Mal, wenn er mit diesem Satz zitiert wurde, nickte der Beschuldigte eifrig; er fühlte sich offenbar durch die belastenden Aussagen bestätigt. Einer Frau, die dem Asylbewerber wahrscheinlich das Leben rettete, wurde in ihrem Wohnort gesagt, sie hätte »den Schwarzen doch liegen lassen sollen«. Der Haupttäter wurde im Februar 2005 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Er war nicht vorbestraft und hatte keine Verbindungen zur Neonazi-Szene – ein gewöhnlicher Bürger. Rassismus ist in der Mark weit verbreitet: 12 Prozent der BrandenburgerInnen haben eine rechtsextreme und 31 Prozent eine ausländerfeindliche Einstellung, so die Ergebnisse einer Studie, die Wissenschaftler der Freien Universität Berlin im März 2005 vorstellten. Demnach sind rechtsextreme Einstellungen in der Altergruppe ab 65 Jahren mehr als doppelt so häufig anzutreffen wie bei jungen Erwachsenen bis 24 Jahren. Und über die Hälfte der Rechtsextremen, so die Studie, wählen SPD oder CDU. Rassistische Gewalttäter müssen so nur bedingt fürchten, von Eltern, LehrerInnen und NachbarInnen abgelehnt zu werden. Vielmehr können die Täter oft darauf vertrauen, dass ihr soziales Umfeld keinen Anstoß daran nehmen wird, wenn MigrantInnen zu Schaden kommen.

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