15 Jahre Opferperspektive: Vieles ist besser geworden – aber es ist noch viel zu tun.
In Brandenburg ist in den letzten Jahren viel passiert. Das Bewusstsein für die Gefahr durch Neonazismus und die extremen Rechten ist vorhanden und es wird aktiv gegengesteuert, aber es liegt noch viel im Argen. Im August prügeln in Eisenhüttenstadt NPD-Mitglieder auf Gegendemonstranten ein und schlagen einen jungen Mann krankenhausreif. Die Polizei schreibt: “Bei der Kundgebung kam es zu Rangeleien, als beide Lager aufeinandertrafen“. Ein Polizeibericht aus Wandlitz über einen Vorfall im Juni ist überschreiben „Meinungsverschiedenheit endet in Körperverletzung“. Wer weiter liest erfährt, die eine Meinung war ein „Hitlergruß“, den sich der mit der anderen Meinung verbat. Zwei Beispiele, die zeigen, dass alltäglich ist, was der NSU-Skandal in seiner ganzen Grausamkeit offenbart: rechte Gewalt wird immer noch verharmlost, verschleiert, geleugnet, entpolitisiert. Handelt es sich um Rassismus, so wird er oft nicht erkannt, die Opfer zu Mitschuldigen oder gar Tätern erklärt. In Brandenburg gab es seit dem Jahr 2000 weit über 100 rassistische Anschläge auf migrantische Imbissbetriebe. Fehlten eindeutige Hinweise auf Täter, wurde immer wieder unterstellt, es handele sich um einen Versicherungsbetrug oder die Tat eines Konkurrenten.
Die Opferperspektive nahm 1998 ihre Arbeit als bundesweit erste Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt auf und entwickelte beispielgebend für das ganze Bundesgebiet ein ganzheitliches – das heißt auch politisch und gesellschaftlich wirksames – Beratungskonzept. Für diese Pionierarbeit wurde der Verein mehrfach ausgezeichnet. In den folgenden 15 Jahren ist in Brandenburg eine tragfähige Struktur zur Unterstützung der Betroffenen und ihres sozialen Umfeldes entstanden und die Tatsache, dass Opfer rechter Gewalt einer spezifischen Beratung und Begleitung bedürfen, ist allgemein anerkannt und wissenschaftlich untermauert. Heute arbeiten in allen neuen und einigen alten Bundesländern Beratungsstellen mit dem Konzept und den Standards, die ursprünglich von der Opferperspektive entwickelt wurden. Seit 2009 gibt es unter dem Dach des Vereins auch eine Beratungsstelle für Betroffene von rassistischer Diskriminierung. Bis Ende 2014 ist die Finanzierung des gesamten Projektes gesichert, eine langfristige Absicherung gibt es nach langen Jahren Kampf darum immer noch nicht.
Das Ziel des Vereins und der Beratungsarbeit ist nach wie vor ein politisches: Jeder Mensch soll sich frei und ohne Angst bewegen können und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Ab 15 Uhr sprechen Justizminister Dr. Schöneburg, Staassekretärin Daniela Trochowski, Prof. Birgit Rommelspacher, Anetta Kahane und Ulli Jentsch auf unserer 15-Jahr-Feier. Veranstaltungsort: FreiLand, Friedrich-Engels-Str. 22 (Haus 2), Potsdam
Pressekontakt: Judith Porath, 0151-59100082 und Urlike Imhof, 0171-1935669
Aktuelles Beratung, Opferperspektive