Die brandenburgische Landesregierung setzt sich schon seit dem Jahr 2000 dafür ein, dass Straftaten, die auf Grund von Hass und Vorurteilen gegenüber Teilen der Bevölkerung verübt werden, schärfer bestraft werden. Im Juli 2008 gelang es schließlich, alle ostdeutschen Länder für eine entsprechende Gesetzesinitiative zu gewinnen. Der Entwurf einer Änderung des Strafgesetzbuches wurde daraufhin im Bundesrat beschlossen und liegt nun dem Deutschen Bundestag zur Diskussion vor.
Wenn die Änderung im Bundestag beschlossen würde, würden Polizei und Staatsanwaltschaften politische Hintergründe von Straftaten genau untersuchen müssen, weil davon die Höhe der Strafe abhinge: Wenn eine Tat aus »menschenverachtenden, rassistischen oder fremdenfeindlichen Beweggründen oder Zielen« begangen wurde, müssten RichterInnen in der Regel eine Haft- statt einer Bewährungsstrafe verhängen. Praktisch erreicht werden soll so in erster Linie eine bessere Verfolgung rechts motivierter Straftaten. Die Gesetzesänderung ist jedoch weiter gefasst und würde alle Taten betreffen, deren Ziele und Beweggründe als »menschenverachtend«, »rassistisch« oder »fremdenfeindlich« eingestuft werden.
Mit scharfen Strafen wollen die Landesregierungen NachahmungstäterInnen abschrecken und Straftaten vorbeugen.
Dass alle strafrechtlichen Mittel ausgeschöpft werden sollen, um rechts motivierte Straftaten zu bekämpfen, darüber sind sich (fast) alle einig. Trotzdem: Die vorgeschlagene Strafschärfung ist umstritten. Kritik kommt unter anderen vom Bundesjustizministerium sowie von WissenschaftlerInnen und juristischen Fachverbänden. Die geltenden Strafgesetze seien ausreichend und müssten nur richtig angewendet werden, lautet das erste Argument jener, die eine Gesetzesänderung ablehnen. Viele fürchten zudem, dass TäterInnen mit einer rechten Einstellung schärfer bestraft würden als andere – der erste Schritt zu einem »Gesinnungsstrafrecht«. Bezweifelt wird auch, dass hohe Gefängnisstrafen überhaupt abschreckend wirken. Das Strafrecht sei nicht dazu da, auf die Gesellschaft einzuwirken, sondern auf angeklagte TäterInnen, so die grundsätzliche Kritik.
In dem Dossier werden die vorgeschlagenen Änderungen erklärt, anschließend erläutern BefürworterInnen und GegnerInnen ihre Argumente.
Überblick: Die angestrebte Strafschärfung für Hass-Straftaten
Wie ist die geltende Rechtslage und was soll im Strafgesetzbuch nach dem Willen der ostdeutschen Länder geändert werden? Wie ist die Praxis in anderen europäischen Staaten und wie steht die Bundesregierung zu der Gesetzesinitiative?
Beate-Blechinger: Zur verbesserten Bekämpfung von Straftaten mit menschenverachtender, rassistischer und fremdenfeindlicher Motivation
Die brandenburgische Justizministerin erklärt und begründet, weshalb die ostdeutschen Länder eine Gesetzesänderung anstreben, um rechts motivierte Taten schärfer bestrafen zu können.
Andrea Würdinger: Rassistische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Motivation als normierter Strafschärfungsgrund
Das Bundesvorstandsmitglied des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins kritisiert, dass Amtsgerichte nach einer Gesetzesänderung ohne Begründung Freiheitsstrafen verhängen müssen.
Opferperspektive e.V.: Repression ist kein Allheilmittel
Mehr Gefängnisstrafen werden nicht den Erwartungen von Opfern rechter Gewalt gerecht.
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