Nach der Wende war in Neuruppin eine rechtsorientierte Jugendkultur herangewachsen. Gruppen junger Männer machten Jagd auf Linke und AsylbewerberInnen, 1992 erschlugen Skinheads den Obdachlosen Emil Wendland. Die Stadtverwaltung reagierte und richtete mit dem Verein »Initiative Jugendarbeitslosigkeit Neuruppin« (IJN) den »Bunker« ein, um gezielt rechte Jugendliche zu betreuen. Der rührige NPD-Kreisverband und die in der Stadt aktive Neonazi-Truppe »Die Nationalen« ließen sich von SozialarbeiterInnen aber nicht irritieren. Sie nutzten den Klub als Rekrutierungsort. Dem als »Opa Lange« stadtbekannten Altnazi Wilhelm Lange gelang es kurzfristig sogar, sich als Mitarbeiter in den Trägerverein einzuschleichen. Die Szene blühte auf, die Gewalt nahm zu. Der »Bunker« avancierte bald zur Schaltzentrale, in der rechte Konzerte und Demonstrationen organisiert wurden.
1996 entließ die IJN den »Bunker« in die Selbstverwaltung. Die Neonazis gründeten daraufhin den Verein »Jugendtreff« und traten mit dem Jugendamt in Verhandlung. Kurz vor der Anerkennung des Neonazi-Vereins als Träger der städtischen Jugendarbeit zog die Verwaltung nach einem Hinweis von der IJN die Notbremse. Der »Bunker« wurde im März 2000 geschlossen. Eine wichtige Rolle in diesem für viele der Verantwortlichen schmerzhaften Lernprozess spielte das alternative Jugendzentrum »MittenDrin«, das immer wieder auf die Gefahr durch einen von Neonazis betriebenen Klub hingewiesen hatte. »Es ist falsch anzunehmen, dass die rechte Szene durch die von ihnen geforderten Räume und ›Freiräume‹, eventuell sogar durch Jugendarbeit zu steuern wäre«, bilanzierten der Bürgermeister, der Jugendhilfeausschuss und die freien Träger in einer Erklärung nach der »Bunker«-Schließung.
Richtungswechsel in der Jugendpolitik
In den Monaten danach kam es zu einer Gewalteskalation. Bis zu 60 Rechte marschierten mehrmals vor dem »MittenDrin«, dem »Jugendfreizeitzentrum« und dem kirchlichen »Café Hinterhof« auf. Die Jugendeinrichtungen trotzten der Bedrohung und verweigerten den Rechten konsequent den Zutritt zu ihren Räumen. Von der Stadt erhielten sie Fördermittel, um ihre kulturellen und sozialen Angebote für Jugendliche auszubauen.
Rechtsextremismus ist weiterhin ein Problem geblieben. 2004 griff die Polizei ein, weil sich Dutzende Jugendliche bei »Opa Lange« eingefunden hatten, um dessen antisemitische Flugblätter zu verteilen. Der kürzlich verbotene »Schutzbund Deutschland« war in Neuruppin ebenfalls aktiv. Immer wieder kam es auch zu Gewalttaten. Im Oktober 2005 attackierten sechs Neuruppiner eine Gruppe mexikanischer MusikerInnen; zuletzt griff ein Rechter im April 2006 in einem Stadtbus einen Asylbewerber an. Aber von »Machtdemonstrationen« rechter Gruppen, die der Bürgermeister noch im Jahr 2000 beklagte, kann keine Rede mehr sein. Der Kurswechsel innerhalb der Kommunalpolitik hat Wirkung gezeigt.
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